45 Jahre existierte die DDR (oder ausgesprochen: die Deutsche Demokratische Republik) als ein Teil deutscher Geschichte. Und natürlich gab es auch in der DDR das Lottospiel für die 16 bis 18 Millionen Bürger dieses sozialistischen Landes. Fast 15.000 Annahmestellen im gesamten Land sammelten Woche für Woche Millionen an Lotto-Spielscheinen ein.

Geschichte des Lotto in der DDR

Selten können Historiker sagen, dass die Geschichte abgeschlossen sei. Im Falle des DDR-Lottos ist das aber der Fall, endet seine Geschichte doch mit der Wiedervereinigung Deutschlands. Doch von vorne:

Bereits direkt nach dem Zweiten Weltkrieg begannen in Deutschland noch zur Besatzungszeit Lotterien wieder aufzuleben. Und so war auch bereits 1945 in der sowjetischen Besatzungszone die erste sächsische Nachkriegslotterie veranstaltet worden. Nachdem die ursprüngliche Sächsische Landeslotterie 1831 gegründet und im Jahr 1939 eingestellt bzw. mit der Deutschen Reichlotterie zusammengelegt worden war, lässt sich in den Protokollen der 16. Präsidialsitzung der Sächsischen Landesverwaltung vom 24. September 1945 im ersten Punkt der Tagesordnung nachlesen, dass die Errichtung der Sächsischen Landeslotterie „einstimmig gutgeheißen“ wurde. Damit war der Start für die Lotterien in der DDR gemacht, auch wenn dieser erste Schritt nur die Klassenlotterien begründete.

Acht Jahre später ging es dann aber auch los mit dem ersten Zahlenlotto auf DDR-Gebiet. Es startete mit der am 23. November 1953 gegründeten Berliner Bärenlotterie, zu deren erster Ziehung in der Werner-Seelenbinder-Halle auch der damalige Oberbürgermeister Ost-Berlins, Friedrich Ebert, anwesend war. Der größte Gewinn war 36.373,40 Mark mit einem Vierer bei den Gewinnzahlen 72 – 4 – 78 – 25 – 74.

1954 erfolgte mit Beschluss der DDR-Regierung vom 4. März die Einführung des Zahlenlottos im gesamten Land. Die ersten Lottoscheine wurden wenige Tage später ab 8. März verkauft und die erste Ziehung fand am 14.03.1954 statt. Sie ermittelte die ersten Lotto-Gewinnzahlen der DDR mit 17 – 33 – 61 – 73 – 75. Und Lotto verbreitete sich ab diesem Zeitpunkt rasant. Noch im gleichen Jahr überschritt die Teilnahme am Lottospiel 5 Millionen Tipps.

Mit der Gründung der für das Zahlenlotto verantwortlichen VEB Zahlenlotto Leipzig wurden in der Folge auch weitere Spielsysteme einführt, die in den nachfolgenden Jahrzehnten in der DDR angeboten wurden. Die VEB Zahlenlotto existierte in Leipzig aber nur bis 1968. In diesem Jahr wurde Sie mit der VEB Sporttoto Berlin sowie der Berliner Bärenlotterie und der Sächsischen Landeslotterie zusammengefasst. Ab diesem Zeitpunkt verantwortete sie als VEB Vereinigte Wettspielbetriebe mit der Hauptdirektion in Berlin alle Lotterien und Sportwetten der DDR.

Erstmals im Fernsehen übertragen wurde eine Lotto-Ziehung in der DDR bereits am 10. März 1957.

Ein Meilenstein der Lotto-Geschichte war aber erst 1972 die Einführung der TV-Sendung „TELE-LOTTO 5 aus 35“ – ab 1984 auch mit einer zusätzlichen Mittwochsziehung. Sie entwickelte sich zu einer der beliebtesten Fernsehsendungen Ostdeutschlands und wurde erst 1992 eingestellt (mehr zur Sendung Tele-Lotto siehe unten).

Dieser Zeitpunkt, der 30. September 1992 war dann auch das Ende der DDR-Lotto-Historie, war doch die DDR mit der Bundesrepublik wiedervereinigt und an diesem Tag letztmalig eine DDR-Lotterie gezogen worden.

Lotto-Spielsysteme in der DDR

Das erste gespielte System war ab Anfang 1953 das Spiel 5 aus 90 der Berliner Bärenlotterie. Sie wurde in diesem System über viele Jahre gespielt und das 5-aus-90-System erst 1985 eingestellt.

An Spielsystemen kamen im DDR-Lotto allerdings bereits ein Jahr später (1954) zwei weitere Systeme hinzu: 5-aus-45 und 6-aus-49.

Schließlich folgte noch 1972 das sehr beliebte 5 aus 35 im Rahmen des neu eingeführten Telelottos.

TELE-LOTTO in der DDR – die Sendung

Es ist kaum zu glauben: genau 1351 mal hat das DDR-Fernsehen die 20-minütige Show Tele-Lotto ausgestrahlt und zwar ohne eine einzige Unterbrechung oder einen Ausfall. Mit ganzen 26 Jahren dürfte sie daher zu einer der am längsten laufenden Fernsehformate der gesamten TV-Geschichte gehören.

Immer am Sonntag um 19 Uhr – zwischen Sandmännchen und der Nachrichtensendung Aktuelle Kamera – fragten sich die Zuschauer: wird es ein Krimi? Oder ein Schlager? Oder gibt es diesmal einen Trickfilm? Tele-Lotto war nämlich nicht einfach nur die Ziehung der Lottozahlen, sie war vielmehr eine Unterhaltungsshow.

Jeder möglichen Ziehungszahl war nämlich ein Genre zugeordnet, zu dem es nach der jeweils gezogenen Zahl einen kurzen Film zu sehen gab. Diese Einspielungen waren einer der Hauptgründe für die große Beliebtheit der Sendung in der DDR.

Moderiert wurde die Show von wechselnden Moderatoren (oft bekannte Persönlichkeiten der DDR), von denen aber nur wenige auch häufiger zum Einsatz kamen, z.B. Wolfgang Morgner, Walter Rohr oder Herr Orlowski (dessen Vorname unbekannt blieb). Neben diesem Moderator war immer auch ein Vertreter der VEB Vereinigte Wettspielbetriebe im Studio, der für die Ziehung verantwortlich war.

Tele-Lotto wurde übrigens zwar als Live-Show präsentiert, war aber vorab aufgezeichnet worden. Immer Sonntags Morgen wurde die Sendung wie eine echte Livesendung in den TV-Studios in Berlin-Adlershof produziert, diese aber erst am Abend wirklich ausgestrahlt. Wichtig war hierbei, dass zum Zeitpunkt der Produktion immer bereits alle Lotto-Spielscheine in Tresoren waren. So sollte eine Manipulation nach der Aufzeichnung verhindert werden.

Die 1984 eingeführten Mittwochziehungen von Tele-Lotto, die immer Mittwochs um 18:30 Uhr ausgestrahlt wurden, waren übrigens reine Ziehungen ohne die am Sonntag enthaltenen Showelemente.

Genres bei Tele-Lotto

Was konnte man bei Telelotto sehen? Ein kurzer Filmbeitrag aus den folgenden Genres wurde bei Ziehung der jeweiligen Zahl gezeigt:

1 – Anekdote, 2 – Aus alten Filmen, 3 – Ballett, 4 – Blasmusik, 5 – Chansons, 6 – Ensemble der Welt, 7 – Evergreens, 8 – Fernsehspiel, 9 – Filmspaß, 10 – Frecher Zeichenstift, 11 – Große Mimen, 12 – Große Stimmen, 13 – Heitere Verse, 14 – Humor, 15 – Jazz, 16 – Junge Talente, 17 – Komödie, 18 – Kuriositäten, 19 – Kurzkrimi, 20 – Marschmusik, 21 – Musical, 22 – Oper, 23 – Operette, 24 – Schlager, 25 – Sensationen, 26 – Shanties, 27 – Singeclub, 28 – Spielfilm, 29 – Sport, 30 – Tanz, 31 – Tierwelt, 32 – Trickfilm, 33 – Unterhaltungsmusik, 34 – Volksmusik, 35 – Zirkus

Die Ziehungsgeräte

Im Laufe der Zeit waren bei Tele-Lotto drei verschiedene Ziehungsgeräte zu sehen. Es startete 1972 mit der so genannten Tele-Lotto-Schnecke, die bis 1984 im Einsatz war. Ihr Name war durch die Bauform bedingt, bei der eine Kugel eine Spirale, die einem Schneckengehäuse ähnelte, herunter rollte und dann eine der um diese Schnecke kreisenden Zahlenklappen umwarf – und so die gezogene Zahl preisgab.

Im den zweiten Ziehungsgerät ab 1984 rollte die Kugel durch ein schneckenförmiges Glasrohr, bevor es am dessen Auslass wieder eine Zahlenklappe umwarf und so eine Zahl zog.

Ein drittes Ziehungsgerät folgte ab 1987, die so genannte Triesel. Jetzt gab es keine Zahlenklappen mehr, sondern einen großen gläsernen Kegel, in dem sich die mit Zahlen beschrifteten Kugeln befanden.

Eine Besonderheit im Lotto hatten die ersten beiden Ziehungsgeräte: die so genannten Durchläufer. Hier konnte es nämlich passieren, dass die Kugel auf eine Zahlenklappe traf, die bereits in einem der vorherigen Durchläufe getroffen wurde. In diesem Fall musste der Vorgang nochmals wiederholt werden, um eine neue Ziehungszahl zu erhalten.

Die anderen Lotto-Spiele im DDR-Fernsehen

Neben dem Tele-Lotto wurden auch andere Spiele der VEB Vereinigte Wettspielbetriebe im TV übertragen. Immer Sonntag um 18:40 Uhr wurden die Gewinnzahlen von Lotto 6 aus 49 und Lotto 5 aus 45 bekannt gegeben bzw. Live gezogen (bis Mitte der 80 bei 5 aus 45 vorab ermittelt und nur verlesen, danach direkt in Sendung ermittelt).

Gewinnchancen, Gewinne und Gewinner des DDR-Lotto

Eine klare Begrenzung gab es beim Lotto in der DDR: der Maximalgewinn durfte bei 500.000 Ostmark liegen. Diese Begrenzung war politisch gewollt und aus ideologischen Gründen für unser heutiges Verständnis relativ niedrig festgelegt worden.

Speziell bei Tele-Lotto waren die Gewinne aber noch niedriger: 10.000 bis 20.000 Mark gab es für 5 Richtige üblicherweise. Man gewann ab drei richtig getippten Ziehungszahlen, bei denen die Gewinne bei 15 bis 25 Mark lagen. Vier Richtige brachten meist zwischen 300 und 600 Mark.

Der relativ niedrige Höchstgewinn von Tele-Lotto wurde aber ausgeglichen durch die wesentlich höhere Gewinnchance. Durch das eingesetzte 5 aus 35 System lag diese nämlich bei 1:324.632 – im Vergleich zu 1:13.983.816 für einen Sechser beim heutigen 6-aus-49 also eine grob 43-fach höhere Gewinnchance auf den Höchstgewinn.

Die ersten 5er des DDR-Lotto – und damit die zu diesem Zeitpunkt höchste Gewinnklasse – wurde am 24. Oktober 1954 gezogen. Damit dauerte es also es 33 Spielwochen ab Beginn des Lottospiels, bis sich die ersten drei DDR-Bürger über 94.780 Mark freuen konnten.

Alle Lotto-Gewinne in der DDR waren analog zu denen in der Bundesrepublik steuerfrei für die Gewinner.

Die Lotto Prämienbücher

Nichts gewonnen? Macht nichts. Alleine durch das Sammeln der Quittungen für die abgegebenen Lottoscheine konnte man in der DDR etwas „gewinnen“. Es gab nämlich über viele Jahre das Prämienbuchsystem.

So war es z.B. 1965 möglich, mit 200 gespielten Einzellosscheinabschnitten einen Buchwertgutschein zu erhalten, den man im Buchhaus Leipzig einlösen und dort Bücher bestellen konnte. Bis 1965 waren so bereits 8 Millionen Bücher als Prämien an Lottospieler verschickt worden.

Mittelverwendung

Von den eingezahlten Spieleinsätzen wurden 60% – bei der Sächsischen Landeslotterie sogar 64% – wieder als Gewinne an die Spieler ausgeschüttet. Die restlichen Gelder wurde für Kultur- und Sportstätten, Wohnungsbau, Errichtung von Stätten für Gesundheitswesen und Volksbildung verwendet.

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